Eine Sucht und eine Essstörung ist eine Sucht, wirklich zu bewältigen ist ein sehr langwieriger Prozess! Das ist ein unumstößlicher Fakt und wahrscheinlich auch ein Naturgesetz. Am Anfang ist der Wunsch, man sagt sich vielleicht „Und ab Morgen höre ich auf! Höre ich auf zu Hungern ! Höre ich auf zu Kotzen! Höre ich auf mich selbst zu Zerstören!“ und ohne Zweifel man will es tatsächlich. Denn zu diesem Zeitpunkt ist der Leidensdruck so mächtig, das Leben so eingeschränkt, dass man erkennt, dass es schon sehr lange kein Leben mehr ist. Auch ich stellte keine Ausnahme. bei diesen Gedankengängen dar.
So schmiedete ich detaillierte Pläne, wie es ab „Morgen“ genau laufen sollte, wie ich mir ein Leben ohne Sucht vorstellte und erschuf in meinem Kopf euphorisch eine neue Inga. Am nächsten Tag jedoch, getreu nach dem Motto „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“ war/ist die Euphorie zumeist weg und der Gedanke an das „Nur noch eine Mal!“ kroch in jede Zelle des Gehirns. Dies ging bei mir solange bis ich, leider nicht nur einmal, in die Klinik zu stationären Behandlung musste, um eine reelle Chance für den Neu-Start zu schaffen.
Dieser „Nur noch…“ Satz jedoch hat seine Macht, nach wie vor, nicht verloren und ist einem schwelenden Geschwür gleich, welches immer dann an Kraft gewinnt, wenn ich zu locker oder unbedarft bin. Auf makabere Weise immer dann, wenn es mir sogar gut geht und ich wirklich auf höchstem Niveau jammern müsste. Wie bei einem Fingerschnippser ist er plötzlich da, dieser kranke Gedankengang und die Planung beginnt fast gleichzeitig. Die Planung des, noch einen aber wirklich letzten, Fressanfall! Nach langer „Anfall freier Zeit“ war er wieder da. So verführerisch und lockend, dass ich Ihm scheinbar nichts entgegenzusetzen hatte. Nicht nur, dass ich mein Gewicht und Körper akzeptierte, nein ich war mit mir zufrieden. Alles lief, so wie ich es mir vorstellte. Es fing leise an, ich hörte nicht hin und machte weiter wie gewohnt und plötzlich war die Stimme zu laut!
Der Druck war so massiv, dass ich nach detaillierter Planung um Mengen und Auswahl, meiner zu erbeutenden Lebensmittel, los zog und mir meine Drogen besorgte. Ich sagte Termine ab, kanzelte Verabredungen, verkroch mich in der Wohnung und los ging es. Ich kochte Unmengen, aß diese Unmengen, bis ich nicht mehr konnte und kotze Unmengen wieder aus. Dieser grauenvolle Prozess zieht sich dann Stundenlang hin, bis entweder kein Essen mehr da ist oder ich zu kaputt zum weitermachen bin. In diesen Moment war keine Reue sondern nur Stille! Stille in meinem Kopf und keine Emotion in meinem Sein. Ruhe vor dem endlosen ankämpfen gegen die Sucht und Ruhe vor der verlockenden Stimme in meinem Kopf!
Das Erwachen kam, nicht erst am nächsten Morgen, sondern prompt mit unnachgiebiger Härte. Scham, Ekel, Abscheu vor mir und meinem Wesen überrannten mich und Selbstzweifel nagten so stark wie selten an mir. Mit rasendem Herzen, schmerzendem Magen und brennender Speiseröhre fiel ich in eine alptraumhafte Nacht!
Einmal Suchti, immer Suchti!
Wie so oft bewundere ich deine Offenheit. Ich drücke dir die Daumen, dass das nicht mehr passiert. Liebe Grüße Cornelia
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Danke liebe Cornelia! Auch wenn es nicht immer einfach ist, ist es für mich umso wichtiger hinaus aus dem Verheimlichen zu treten. In den akuten Zeiten lebte ich das verstecken und verheimlichen. ich möchte in diese Schattenwelten nie wieder zurück. Offen und ehrlich über alle Seiten der Genesung zu schreiben hilft mir am Ball zu bleiben. Lg
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